Am 2. November 2024 fand der erste "hessenARCHÄOLOGIE-Tag" (zuvor vulgo "Hesssischer Vorgeschichtstag") im Saal des Kurhauses Bad Wildungen statt. In einem der Vorträge berichtete der Bezirksarchäologe Dr. Andreas Thiedmann aus Marburg zum derzeitigen Stand des Typus der vom Autor seither so benannten "Bügeljochfibeln", welche inzwischen als ein Anzeiger für den Übergang von der Früh- zur Mittellatènezeit im Mittelgebirgsraum gelten können. Die Zahl der Stücke hat inzwischen (seit 1988) erheblich zugenommen, und das Fundgebiet erstreckt sich nun vom östlichen Westfa-len über Oberhessen bis in das Rhein-Main-Gebiet, wobei die offenkundig degeneriert wirkenden Exemplare von der Amöneburg und noch eher vom Dünsberg als bislang jüngste angesehen werden. Überrascht und irritiert zeigte sich Thiedmann von Fibeln dieser Art im Niederrheingebiet, genauer in den Nieder-landen, die aufgrund der gestreckten Bügelkontruktion erkennbar mittellatènezeitlich (also in LtC) datiert werden können und damit tendenziell jünger als die hessischen Belege erscheinen und in Hessen nicht vorkommen. Er wusste sich das nicht zu erklären, wenn man einmal von evtl. Handwerkerwanderungen und Handelsbeziehungen über den sog. "Hellweg" absieht. Dabei war er sich wohl nicht bewusst, daß es Überlieferungen von Plinius (etwa 23 bis 79 n. Chr.) und Tacitus (ca. 58 bis 120 n. Chr.) gibt, die eine ursprüngliche Zusammengehörigkeit von Chatten und Batavern notieren, wobei sich letztere, nach internen Auseinandersetzungen, 50 v. Chr. im heutigen Rheinmündungegebietes niedergelas-sen hätten. Nun gibt es im Siedlungsbild Nordhessen, insbesonders im Bereich des mittleren und unteren Edertales das merk-würdige Phänomen, daß mit der Phase LtB2/C1 ein Siedlungsabbruch oder wenigstens eine deutliche Ausdünnungn der Fundstellenzahl zu beobachten ist (s. LAUMANN 1981 und SCHOTTEN 1982), die man in das 4. Jhn. v. Chr. datieren möchte. Wäre es unmöglich, wenn damit eine Abwanderung einer Bevölkerung nicht nur nach Südosten (in den öst-lichen Mittelmeerraum), wie bislang vermutet wurde, sondern auch nach Nordwesten als Ursache verbunden war? Das würde dann bedeuten, daß das von den beiden antiken Autoren erwähnte Geschehen viell. schon 400 Jahre früher begann, und es sich bei den Weggezogenen um diesen Teilstamm handelte, womit wir möglicherweise sogar einen Hinweis auf seine damalige Heimat besäßen. Wem ein solch langer Zeitraum für die räumliche Bewegung einer Gruppe (Ethnos, Kultur, Religion, Handwerk o. ä.) als sehr lang erscheint, der sei daran erinnert, daß auch z. B. für die Ampsivarier von einer ähnlich zeitraubenden Wanderung ausgegangen wird, bis sie etwa 50 vor Chr. in Nordhessen eintrafen und sich langfristig niederließen. Bislang muss dieses noch Spekulation bleiben, es sei denn ein Heimatforscher aus dem heutigen Landkreis Waldeck-Franken könne tatsächlich eines Tages nachweisen, daß der Ortsname Battenberg mit dem einstigen Wohngebiet der Bataver zu tun hätte (was, und das ist jetzt ironisch gemeint, auch das merkwürdige Gebaren der gegenwärtigen Niederländer erklären könnte, sich zum Gebiet der oberen und mittleren Eder als heutige Touristen und Gesundheit Suchende immer wieder hingezogen zu fühlen, als kurz "Heimweh").
(JHS am 7. Januar 2025)