UNSERE STADT IN DER WIR LEBEN
- Am Rolandsbrunnen –
Im Mittelpunkt unserer Kreis- und Domstadt liegt der Marktplatz. Straßen, Gassen und Gäßchen münden hier aus allen Richtungen ein, Alte, schöne Fachwerkhäuser umgeben ihn auf allen Seiten. Das schmale Kaufhäuschen mit dem schlanken Türmchen ist besonders bemerkenswert. Auf diesem von der Geschichte umwobenen Platze erhebt sich der Rolandsbrunnen inmitten eines kreisrunden „Kumpfs“, Die Brüstung besteht aus verwitterten Steinplatten mit Rankenwerk und Wappen. Der steinerne Brunnenstock ist mit schmiedeeisernem Gestänge an ihr befestigt. Die aus Stein gehauene Figur eines Geharnischten, des „Rolands“, krönt den Brunnen. In der linken Hand hält er eine Lanze mit einem Fähnchen. Mit der Rechten stützte, sich auf einen Schild, der mit dem altdeutschen Reichsadler geziert ist. Der viereckige Sockel trägt auf den Seitenflächen Schilde. Auf einer Seite hält ein Engel das Wappen des Mainzer Erzstifts (3 Balken im Felde). Auf einer anderen Seite erblickt man das Wappen des Mainzer Erzbischofs Daniel Brendel v. Homburg, der zur Zeit der Errichtung des Rolandsbrunnens regierte. (Er war der Landesherr von Fritzlar. Im alten deutschen Kaiserreich waren die höheren geistlichen Würdenträger vielfach auch weltliche Fürsten).
Die dritte Seite zeigt das Stadtwappen, nämlich zwei durch ein Kreuz verbundene, schräglinks gestellte Räder. Auf der vierten Seite erscheint die Jahreszahl Ann DN (Anno Domini - im Jahre des Herrn) 1564.
Unter dem Sockel sind Männerköpfe angebracht, die Wasser in ein Becken speien, aus dem es durch Röhrchen in den großen Kumpf läuft.
Der Rolandsbrunnen springt nur an besonderen Anlässen, an weltlichen und kirchlichen Feiertagen. Vor dem Bau der Wasserleitung erhielt er sein Wasser aus der Eder, das in die Stadt gepumpt wurde.
In den vergangenen vier Jahrhunderten haben leider verderbliche Witterungseinflüsse jeglicher Art Ihre Spuren dem steinernen Recken tief eingegraben. Auch frivole Bubenhände haben Ihm, weniger zur einhelligen Ergötzung einsichtiger Bürger, schon oft und noch in jüngster Zeit hart zugesetzt. Man ist jetzt an amtlicher Stelle zu der Ansicht und zu dem Entschluß gekommen, das historische Standbild möglichst bald gründlich auszubessern oder teilweise zu erneuern.
Nach dieser einleitenden Beschreibung des Marktbrunnens erheben sich nun von selbst die Fragen:
Wer war Roland ?
Was hat Roland in Fritzlar zu bedeuten ?
Darüber wird in der nächsten Woche die Antwort gegeben.
Fr. Burchart
UNSERE STADT IN DER WIR LEBEN
- Am Rolandsbrunnen –
Gelegentlich des Besuches des letzten, weithin bekannten Fritzlarer Pferdemarktes, betrachtete ein Schwälmer Bauersmann zum erstenmal den laufenden Springbrunnen und das Standbild auf seinem Sockel. Er wandte sich fragend an einen Fritzlarer Bürger, der über die Geschichte seiner Vaterstadt unterrichtet war: „Sagen Sie mir, lieber Herr, wer ist denn das dort auf dem Springbrunnen?“ „Das will ich Ihnen gerne verraten. Der Springbrunnen heißt der Rolandsbrunnen, Haben Sie während Ihrer Schulzeit etwas von Roland gehört?“
„Einen Augenblick! Hat er nicht mit dem Riesen Im Ardennerwald gekämpft, ihn getötet und aus seinem Schild das Kleinod, den funkelnden Edelstein, herausgeschraubt?“
„Ganz recht! Der junge Roland, der Schildträger seines Vaters Milon von Anglante, hatte dieses Heldenstück vollbracht, während die älteren Helden schliefen. Er war der Neffe des fränkischen Kaisers Karls des Großen. Dessen Schwester Berta war seine Mutter. Als treuester Paladin (=tapferer Ritter, Held) Karls begleitete er den Kaiser auf seinem Zuge nach Spanien, um den Vormarsch der mohammedanischen Araber aufzuhalten. Auf dem unglücklichen Rückzuge wurde er als Führer der Nachhut des fränkischen Heeres von den Sarazenen (=Arabern) In den Pyrenäenschluchten, Im Tale von Roncevalles, 778 erschlagen.“
„Diese geschichtlichen und sagenhaften Begebenheiten waren mir mehr oder weniger bekannt“, entgegnete der aufmerksame Zuhörer. „Dann hat man wohl diesem volkstümlichen Helden hier in Fritzlar, das noch z. Zt, seines Heldentodes bestand, dieses Denkmal gesetzt?“
„Nein, das nicht ! Der Rolandsbrunnen ist erst 1564 errichtet worden.“ "Wie kommt nun aber der Roland hier auf den Marktplatz? Welche Bewandtnis hat es mit dem Standbild des Geharnischten?“
„Nun, solche Rolandsfiguren findet man noch in vielen anderen Städten Norddeutschlands (Bremen, Halberstadt, Magdeburg, Brandenburg u. a.). Sie stehen wie hier in Fritzlar auf dem Marktplatz, in unmittelbarer Nähe des Rathauses. Diese sogenannten `Freiheitsrolande´ waren Im Mittelalter die äußeren Sinnbilder für wertvolle Rechte, die Kirchen, Klöstern und weltlichen Grundbesitzern vom König verliehen wurden, wie das Markt- und Stadtrecht. Da die Siedlung Fritzlar schon zur Zeit der fränkischen Könige eine Königspfalz besaß (eine Pfalz war zeitweiliger Wohnsitz des Königs), hat sie wohl schon sehr früh durch den Erlaß eines dieser Herrscher, vielleicht Karls des Großen selbst, diese Recht erhalten, Sie durfte Märkte einführen, den Marktzoll erheben, eine Münze (da wurden Münzen geschlagen) einrichten, in Marktangelegenheiten richten und sich später auch mit Mauern umgeben. Als äußeres Zeichen dieser erworbenen Rechte errichtete man ein hölzernes Kreuz, das man 1564 durch das Rolandsteinbild mit dem Schwerte (verfälscht später Lanze) und dem Schilde ersetzte. Die Lanze bedeutete die Gerichtsbarkeit während des Marktes über Unruhestifter und Diebe.“ „Ich danke Ihnen sehr für diese gute Aufklärung. Wenn es Ihnen die Zeit erlaubt, bitte ich Sie, mir doch etwas über die Märkte zu erzählen, die hier abgehalten wurden.“
Davon in der Pferdemarktwoche.
Fr. Burchard
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Titeldesign: nach Kathrin Beckmann
Dank an Karl Burchart, Horst Euler, Marlies Heer, Klaus Leise. Wolfgang Schütz und Dr. Christian Wirkner für Hinweise und Tipps, Johannes de Lange für die Scan-Vorlagen
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